Tagesarchiv für den 20. April 2009

Reisebericht Dr Ahmad Quaderi – 02.04.-16.04.2009

Das Datum und der Zweck meiner Reise nach Afghanistan bzw. Kabul war lange vorher mit dem Präsidenten, dem Leiter der Uniklinik und den entsprechenden Dozenten der Medizinischen Universität zu Kabul inhaltlich abgesprochen.

Programmverlauf:
Die stomatologische (zahnmedizinische) Universitätsklinik auf dem Gelände der Universität ist Ende 2008 neu gebaut und zuvor gerade eingeweiht worden. Deshalb musste das Management der Einrichtung (Forschung, Lehre und Behandlung) von Anfang an neu konzipiert werden:

1.) Systeme zur Qualitätssicherung und Patientenkarteikartenführung
a) Formulare zur Dokumentation von Diagnosen, Therapien sowie wissenschaftlichen Datenerhebungen wurden von mir erstellt (in Englisch) und werden von mir demnächst auch noch ins Persische übersetzt
b) Ein modernes Hygienemanagement nach internationalem Standard zu etablieren war ebenfalls eine große Herausforderung. Um diesen Teil der Qualitätssicherung vollständig zu implementieren, war leider die Zeit etwas zu knapp bemessen.

2.) Inhalte des wissenschaftlichen Teils:
I.- Kardiologie und Prophylaxe
II.- Konservierende Zahnheilkunde z.B. Füllungstherapie
III.- Traumatologie und deren konservierenden und chirurgischen Behandlungen
IV.- Endotontologie, Schmerzentstehung und Schmerztherapie
V.- Prothetik
VI.- Kieferorthopädie (Orthodonthie)

Das Fach Kieferorthopädie wurde bis zu meiner Ankunft nur theoretisch unterrichtet. Die behandlungspraktische Anwendung und die curricularen Vorgaben und Studienrahmenpläne waren hingen nicht hinreichend konzipiert oder teilweise nicht vorhanden. Mit Dekan und Fachdozenten habe ich mich auf ein vorläufiges Curriculum geeinigt, um so eine Arbeitsgrundlage für meine Lehrtätigkeit zu schaffen. Dieses maßgeblich von mir entwickelte Curriculum dient in Zukunft auch als Grundlage für die Studienpläne der Studierenden im Fach Kieferorthopädie.

Desweitern habe ich intensiv mit den beiden verantwortlichen Dozenten für Kieferorthopädie inhaltlich theoretisch und behandlungspraktisch gearbeitet. Ich stand dabei vor der Aufgabe, den Kollegen in Kabul die modernen Behandlungsmethoden der Kieferorthopädie und ihre didaktische Vermittelbarkeit im universitären Kontext nahe zu bringen.

In allen Fachgebieten (I bis VI) wurden von mir Präsentationen durchgeführt, Dokumentationen angefertigt und fachspezifische Diskussionen über die Lehrinhalte angestoßen. Anschließend wurden die entsprechenden Patienten exemplarisch von mir behandelt und so die zuvor theoretisch behandelten Inhalte praktisch demonstriert. Dank der guten technischen Ausstattung (Kamera und Beamer) konnten die Kursteilnehmer die direkten Interventionen am Patienten gut verfolgen.

Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass das Interesse und das Engagement der Teilnehmer sehr groß waren. Aufgrund der guten Resonanz der Veranstaltungen wird die Universität Kabul im nächsten Frühjahr den ersten zahnmedizinischen Fachkongress Afghanistans für Zahnärzte aus allen Teilen des Landes ausrichten. Ich werde an Durchführung dieses Kongresses sowohl als Fachreferent für Prothetik und Gnathologie, als auch als Mitorganisator und Moderator beteiligt sein.

Spenden und Sachleistungen

Klinik und Institut sind nach wie vor chronisch unterfinanziert, so dass eine nachhaltige Arbeit (Behandlung, Lehre und Forschung) nicht gesichert ist. Um die materielle Situation zu verbessern wurden einige nötige Anschaffungen für die Einrichtung von mir getätigt. Dabei handelte es sich vornehmlich um Verbrauchsmaterialien und einige Geräte (siehe Auflistung unten) deren Beschaffung vom Ärzteverein für afghanische Flüchtlinge e.V. und von mir privat finanziert wurde.

Instrumente und Verbrauchsmaterialien

1. Da das Dentallabor außer etwas Gips nichts weiter hatte, habe ich von den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln des Ärztevereins für afghanische Flüchtlinge e.V. folgende Geräte und Materialien gekauft und gespendet:
a) 8 Stück Mikromotoren zur Bearbeitung von Prothesen und Kronen
b) 1 Stück Modell Trimmer
c) 30 kg. Alginat
d) 30 kg Spezialgips
e) 3hochwertige Artikulatoren (aus Deutschland mitgenommen)
f) Verschiedene Sorten von Bohrern, Abdrucklöffeln, Küvetten etc.

2. Für die konservierende Abteilung habe ich viele Wurzelkanalhandinstrumente aus Deutschland mitgebracht und einen Pulpa bzw. Apex-Finder in Kabul gekauft. Zudem habe ich Füllungsmaterialien und Medikamenten beschafft.

3. Für die Kieferorthopädischen Abteilung beschaffte ich verschiedene Messinstrumenten zur Auswertung von Modellen für die Ermittlung der Diagnose.

4. Für die parodontologische Abteilung beschaffte ich einige Instrumenten für die Initialbehandlung von Parodontopathien.

Begegnungen:
Da die Durchführung der Kurse direkt mit dem Präsidenten der med. Universität abgesprochen war, haben wir uns häufig getroffen, um über das weitere Vorgehen zu planen, die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten zu koordinieren und Maßnahmen für eine nachhaltige Verbesserung in allen Bereichen zu besprechen.
Der Präsident, Prof. Obaid, und seine Mitarbeiter sind nach eigenem Bekunden sehr an einer langfristigen und intensiven Zusammenarbeit mit dem DAMF e.V. bzw. seinen Mitgliedsvereinen interessiert.
Auch konnte ich ein Gespräch mit dem Minister für höhere Bildung, Herrn Dr. Azam Datfar, führen. Er war über unsere Arbeit und Hilfe im Rahmen der Projekte zum Capacity-Building begeistert. Ich sprach natürlich die materiellen und personellen Mängel in der Klinik an und bat ihn in diesem Zusammenhang, den zuständigen deutschen Vertreter des DAAD anzusprechen, da die Deutschen früher in der Ausbildung der afghanischer Zahnärzten immer sehr engagiert waren.
Mein letzter offizieller Termin in Kabul fand mit dem Vertreter des DAAD, Herrn Khesrau Arsalai, statt. Ich bat ihn um mehr finanzielle Unterstützung für unsere Projekte und um materielle Unterstützung für die universitäre Zahnklinik.
Er sagte zu, dieses Anliegen bevorzugt weiterzuleiten und besonders die Projekte von Exil-Afghanen stärker zu unterstützen.
Ich bereiste auch Jalalabad und Chewa. Dort befindet sich die vom Ärzteverein für afghanische Flüchtlinge e.V. initiierte wie geförderte Klinik sowie gemischte Grundschule. In der Klinik werden ca. 40-50 Patienten täglich behandelt und wenn nötig bekommen sie auch dort um 50% verbilligte Medikamente. Es werden auch 12 verschiedene Arten von Laboruntersuchungen durchgeführt.
In der gemischten Schule sind 350 Schülerinnen und Schüler registriert. Die Schule wird demnächst um eine Mittelstufe erweitert.

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